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Exkurs Bautechnikgeschichte: Eisenbeton – Wie ging´s los mit dem Eisen im Beton?

Eisenbeton-Monier-1878

1848 baute der Franzose Joseph-Louis Lambot mit Drahtgeweben bewehrte Betonboote. Diese stellte er 1855 auf der Weltausstellung in Paris aus, sie blieben später noch lange als Museumsstücke erhalten. 1854 verstärkte dann der englische Gipsermeister William Boutland Wilkinson Betondecken mit Stahlseilen. In Deutschland bekannter ist der französische Gärtner Joseph Monier, der um 1860 die Haltbarkeit und Stabilität seiner Betonpflanzkästen mit Draht- und Eiseneinlagen verbesserte. Später fertigte er nach ähnlichem Prinzip Eisenbetonrohre und -brücken. Er erkannte, dass der Beton den Stahl vor Korrosion schützt und bettete seine Eisen häufig mittig in den Beton. Seine Patente (im Blogbild eine Abbildung aus seiner Patentschrift von 1878) kamen später auch bei den frühen Eisenbetonbauten in Deutschland zur Anwendung.

Der Franzose François Coignet und der Belgier François Hennebique folgten und entwarfen Verbundtragwerke aus Eisenbetonstützen, -balken und -decken „aus einem Guss“.

Äußerlich unseren Stahlbetontragwerken ähnlich, unterscheiden sich die frühen Eisenbetontragwerke im Inneren teilweise sehr von der heute üblichen Stahlbetonbauweise.

Viele Fragen waren nach den ersten Ausführungen noch zu klären. Es ging um die geeignete Stahlform und den guten Verbund des Stahls mit dem Beton, optimale Bewehrungsführung, Korrosionsschutz, Feuersicherheit und geeignete Betonzusammensetzung.

Ab etwa 1880 wurden die ersten Eisenbetontragwerke in Deutschland nach dem System Monier, später auch Hennebique verwirklicht.

Erste einheitliche Bestimmungen erschienen 1904 vom Deutschen Ausschuss für Eisenbeton als „Vorläufige Leitsätze für die Vorbereitung, Ausführung und Prüfung von Eisenbetonbauten“. 1916 wurden in allen deutschen Ländern die „Bestimmungen für die Ausführung von Bauwerken aus Eisenbeton“ eingeführt. Ab 1925 wird dann in der DIN 1045 von „Stahlbeton“ gesprochen.

Warum hilft uns das Wissen von den Anfängen bei der heutigen Bewertung historischer Tragwerke?

Vor dem Einlegen von Eisen, den auch nach Joseph Monier benannten „Moniereisen“, wurden Betontragwerke als Stampfbetontragwerke mit sehr steifen, wasserreduzierten Betonmischungen ausgeführt. Bei Hennebiques Bauweise wurde die Bewehrung sukzessive während des Einbringens einzelner Betonschichten in den Beton gelegt. Später kam Gussbeton auf. Ab etwa 1900 wurden Betonmischmaschinen verwendet. Die Mischungsverhältnisse variierten, der Maschinist entschied manuell über die Konsistenz des Betons.

Gern wurde in den Anfängen am vergleichsweise teuren Zement gespart. 1913 wurden dann Forderungen nach Mindestzementgehalten laut. Ab 1932 setzte sich Rütteltechnik durch. Ab 1939 wurde die Einhaltung definierter Wasserzementwerte gefordert.

Die in den Anfängen variierenden Betonzusammensetzungen haben Einfluss auf die Festigkeit, mögliche Hohlräume und Kiesnester, wie auch den Korrosionsschutz der Bewehrung.

Als Bewehrung kam zunächst spröderes, inhomogeneres Schweißeisen beim Bau der Eisenbetontragwerke zum Einsatz, welches um 1900 von Flusseisen, später Stahl abgelöst wurde. Die Bewehrungseisen waren in den Anfängen meist glatte Rundeisen auch durchaus mit Durchmessern bis zu 40 mm. Es kamen aber auch Flachstähle oder verschieden geformte Profile bis hin zu einbetonierten Fachwerkträgern zum Einsatz. Die Schubbewehrungen und Querbewehrungen in Platten wurden anfänglich häufig etwas vernachlässigt. Verankerungen fielen kurz aus.

Wenn wir historische Tragwerke heute bewerten, reicht es daher nicht, nur zu schauen, welche Stahldurchmesser in den hochbelasteten Bereichen der größten Beanspruchungen verbaut wurden, sondern wir müssen wissen, wie und mit welcher Ausformung und Stablängen verankert wurde. Zerstörungsfreie Untersuchungsgeräte, Bewehrungssuchgeräte bis hin zur Durchstrahlungen helfen, die Lage und Form von Bewehrungseisen festzustellen. Ggfs. sind darüber hinaus jedoch auch lokale Öffnungen erforderlich.

Zudem müssen wir Betonzusammensetzungen untersuchen, um Aussagen zu Festigkeiten und Korrosionsschutz treffen zu können.

Risse deuten ggfs. unzureichenden Verbund, geringe Querbewehrung oder Schubtragfähigkeiten an. Druckfestigkeiten sind festzustellen, um die Tragfähigkeiten abzuschätzen. Welche Eisenart verbaut wurde, hat Einfluss auf die Festigkeit, Duktilität und ggfs. Schweißbarkeit der Bewehrung im Ertüchtigungsfall. Alte Eisen aus den Anfängen des Eisenbetonbaus verhalten sich hier anders als heutiger Betonstahl.

Ein Blick in die Geschichte hilft uns heute, Tragwerksmängel zu erkennen und die für den Bestandserhalt früher Eisenbetontragwerke entscheidenden Bereiche zu untersuchen. Häufig sind die ingeniösen Ansätze früher Eisenbetontragwerke noch gut in den Bauarchiven dokumentiert.

Gern unterstützen wir Sie beim Erfassen historischer Tragwerke und deren Bewertung.

Quellen:

Prof. Dr.-Ing. Werner Lorenz, Dr.-Ing. Volker Wetzk: Lehrstuhl Bautechnikgeschichte und Tragwerkserhaltung der BTU Cottbus, Lehrskripte: Tragwerke in Eisenbeton, 2002 – 2009

Prof. Uta Hassler (Hrsg.); Inst. für Denkmalpflege und Bauforschung IDB, ETH Zürich: Was der Architekt vom Stahlbeton wissen sollte, 2010

Dr.-Ing. Karl-Eugen Kurrer: Geschichte der Baustatik, 2002

Jörg Rehm: Eisenbeton im Hochbau bis 1918 (Diss. TUM), 2019

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